Arbeitsrecht in der Arztpraxis – Was Sie als Dienstgeber:in beachten sollten
Als Ordinationsinhaber:in möchten Sie Ihren Praxisbetrieb effizient und rechtssicher gestalten – auch im Umgang mit Mitarbeiter:innen. Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen und der jeweils geltende Kollektivvertrag (KV) sind dabei entscheidend: Sie regeln Arbeitszeiten, Entlohnung, Kündigungsfristen und zahlreiche weitere Aspekte. Wir zeigen Ihnen, welche Pflichten sich daraus für Sie als Dienstgeber:in ergeben und welche Besonderheiten im ärztlichen Umfeld gelten.
1. Sie sind Dienstgeber:in – das sind Ihre Pflichten
Wenn Sie Mitarbeiter:innen – etwa Ordinationsassistent:innen – beschäftigen, sind Sie verpflichtet, diese zeitgerecht bei der Sozialversicherung anzumelden und Lohnsteuer sowie Abgaben korrekt abzuführen. Wichtig ist auch, dass Arbeitsrechtliche Vorschriften (z. B. ASchG, Arbeitszeitgesetz) für alle Mitarbeiter:innen sichtbar im Ordinationsraum ausgehängt sind. Mehr Details zu Ihren Pflichten finden Sie in diesem Blogartikel.
2. Der Kollektivvertrag – was gilt für Ihre Angestellten?
In Österreich regeln Kollektivverträge Mindeststandards wie Arbeitszeit, Entgelt, Sonderzahlungen und Kündigungsfristen. Für Ordinationsangestellte gilt jeweils der KV, der auf Bundesland und Praxisform zugeschnitten ist. Da die Landeskammern die Verhandlungen der Kollektivverträge führen, unterscheiden sich die Kollektivverträge zwischen den Bundesländern teilweise erheblich.
Die Kollektivverträge enthalten praxisrelevante Regelungen zu Arbeitszeit, Überstunden, Urlaub, Kündigungsfristen, Gehaltsstaffelungen und Sonderzahlungen – inklusive Musterdienstzettel. Informieren Sie sich – vor Anstellung von Mitarbeiter:innen – unbedingt über die in Ihrem Bundesland einschlägigen Regelungen.
3. Arbeitszeit, Überstunden & Mehrarbeit in der Praxis
In der Ordination ist Flexibilität oft gefragt – doch arbeitsrechtlich ist die Arbeitszeit klar geregelt. Der jeweils gültige Kollektivvertrag definiert, wie viele Stunden pro Woche zulässig sind, wie Überstunden zu vergüten sind und welche Ruhezeiten einzuhalten sind.
Was Sie konkret beachten müssen:
Normarbeitszeit: In der Regel liegt diese bei 40 Stunden pro Woche (bei Vollzeit). Abweichungen sind nur bei Teilzeit zulässig oder wenn dies im Kollektivvertrag ausdrücklich vorgesehen ist.
Pausen & Ruhezeiten: Ab 6 Stunden Arbeitszeit ist eine Pause von mindestens 30 Minuten verpflichtend. Nach Dienstende muss eine ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden gewährt werden (§ 11 AZG).
Überstunden:
- Müssen dokumentiert werden.
- Sind mit einem Zuschlag von mindestens 50 % zu entlohnen – oder durch Zeitausgleich mit dem gleichen Zuschlag abzugelten.
- Der Kollektivvertrag kann eine Obergrenze für zulässige Überstunden enthalten – bei regelmäßigem Anfall müssen Dienstverträge entsprechend angepasst werden.
Mehrarbeit bei Teilzeitkräften: Auch Stunden, die über das vereinbarte Teilzeitausmaß hinausgehen (aber unter 40 Wochenstunden bleiben), gelten als Mehrarbeit und sind gesondert zu vergüten – oft mit 25 % Zuschlag, je nach KV.
💡 Tipp: Führen Sie eine übersichtliche Zeiterfassung (z. B. handschriftlich auf einer ausgedruckten Excel-Vorlage oder Online-Zeiterfassungstool) – sie schützt Sie im Streitfall und hilft, Überstunden korrekt zu verrechnen.
4. Kündigung, Urlaub & Vordienstzeiten
Wenn Mitarbeiter:innen ausscheiden oder Urlaub konsumieren möchten, greifen gesetzliche Vorgaben, die durch den Kollektivvertrag ergänzt werden. Wichtig ist auch, Vordienstzeiten korrekt anzuerkennen – Fehler hier führen häufig zu Nachforderungen.
Kündigung:
Kündigungsfristen und -termine sind im Kollektivvertrag geregelt. Beispielsweise: Nach dem KV für Ordinationsangestellte in Wien: 2 Wochen bis 6 Wochen, je nach Dienstzeit.
Kündigungen müssen schriftlich erfolgen – und idealerweise mit nachweislichem Zugang (z. B. eingeschrieben).
Kündigungsschutz bei besonderen Personengruppen (z. B. Schwangere, Elternteilzeit) ist unbedingt zu beachten.
Urlaub:
Grundanspruch: 5 Wochen (25 Arbeitstage) pro Arbeitsjahr. Nach 25 Dienstjahren steigt der Anspruch auf 6 Wochen.
Urlaubsverbrauch nur mit Zustimmung der Dienstgeber:in – einseitiger Urlaubsantritt ist nicht zulässig.
Urlaubsersatzleistung ist bei Beendigung auszubezahlen, wenn Urlaub noch offen ist.
Vordienstzeiten:
Beruflich einschlägige Tätigkeiten bei anderen Ärzt:innen, Spitälern oder Gesundheitseinrichtungen sind häufig als Vordienstzeiten anzurechnen – abhängig vom jeweiligen KV.
Diese Anrechnung betrifft insbesondere: Urlaubsanspruch, Einstufung in Gehaltsgruppen oder -stufen
Fehlt die Anrechnung, kann es zu Gehaltsklagen oder Nachzahlungen kommen – auch rückwirkend.
💡 Tipp: Lassen Sie die Einstufung und Vordienstzeiten bereits beim Eintritt prüfen – mit einem klaren, schriftlichen Nachweis im Personalakt.
Fazit: Mit Arbeitsrecht Klarheit schaffen
Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen und der richtige Kollektivvertrag schaffen rechtliche Sicherheit und sorgen für ein professionelles Arbeitsumfeld in Ihrer Praxis. Sie fördern Verlässlichkeit, Transparenz und langfristige Mitarbeiterbindung.
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Mag. Dimitar Zlatev ist Steuerberater und Managing Director von Simplify Tax Steuerberatung. Er unterstützt Unternehmen und Privatpersonen in sämtlichen steuerlichen Fragen als kompetenter Partner. Bei komplexen Sachverhalten kreiert er verständliche und umsetzbare Lösungen.