Patientenstock verkaufen – ist das wirklich umsatzsteuerfrei? Eine steuerliche Einordnung für Ärzt:innen
Wer eine Wahlarztpraxis aufgibt oder überträgt, stellt sich früher oder später die Frage: Ist der Verkauf des Patientenstocks von der Umsatzsteuer befreit? Immerhin sind ärztliche Leistungen nach § 6 Abs. 1 Z 19 UStG grundsätzlich umsatzsteuerfrei.
Die Antwort: Nein – der Verkauf eines Patientenstocks fällt nicht unter die Umsatzsteuerbefreiung für ärztliche Leistungen. Warum das so ist und worauf Sie achten müssen, erklären wir in diesem Beitrag.
Was genau ist ein Patientenstock – und was wird eigentlich verkauft?
Beim Verkauf eines Patientenstocks handelt es sich in der Regel um:
die Übertragung strukturierter Patienteninformationen (Name, Adresse, Anamnese),
eine koordinierte Übergabe des bestehenden Behandlungskontextes,
oft kombiniert mit organisatorischer Unterstützung für die Nachfolger:innen (z. B. durch Einführungsgespräche oder Empfehlung an bestehende Patient:innen).
Aber wichtig: Es werden keine einzelnen Patient:innen „übertragen“ – es handelt sich um ein wirtschaftliches Gut, nicht um einen Teil der heilberuflichen Tätigkeit.
Warum ist der Verkauf nicht umsatzsteuerfrei?
Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 19 UStG gilt nur für eigene ärztliche Heilbehandlungen an Patient:innen. Der Patientenstockverkauf hingegen ist eine sonstige Leistung iSd Umsatzsteuerrechts – vergleichbar mit dem Verkauf eines Kundenstocks oder einer Marke in anderen Branchen.
Zusammenfasst, die drei zentralen Gründe:
1. Keine Heilbehandlung: Der Verkauf betrifft nicht die medizinische Versorgung, sondern die betriebliche Struktur – das fällt nicht unter die Befreiungsvorschrift. Laut der Rechtsprechung sind nur solche Tätigkeiten nach § 6 Abs 1 Z 19 UStG befreit, die durch das Ärztegesetz abgedeckt sind.
2. Verkauf = sonstige Leistung, nicht Lieferung iSd UStG: Unter Umständen kann ein solches Hilfsgeschäft nach § 6 Abs 1 Z 26 UStG zwar steuerfrei sein – nämlich, wenn es sich um die Lieferung eines körperlichen Gegenstands handelt. Aber: Laut aktueller VwGH-Judikatur (in Abweichung zu älteren Aussagen in den Umsatzsteuerrichtlinien) ist der Verkauf eines Patientenstocks als sonstige Leistung einzustufen, nicht als Lieferung. Warum? Der wirtschaftliche Gehalt des Geschäfts liegt in der Übertragung von Informationen, nicht in der Übergabe eines körperlichen Guts. Damit handelt es sich um eine Dienstleistung, die umsatzsteuerpflichtig ist – europarechtskonform.
3. Rechtsprechung: Die Umsatzsteuerpflicht wurde durch Entscheidungen des Bundesfinanzgericht (BFG), Verwaltungsgerichtshof (VwGH) sowie Europäischen Gerichtshof (EuGH) bereits mehrfach bestätigt.
Was bedeutet das für Ärzt:innen in der Praxis?
Umsatzsteuerpflicht: Der Verkauf des Patientenstocks muss mit 20 % USt fakturiert werden.
Vorsteuerabzug prüfen: In manchen Fällen kann die Vorsteuer für die mit dem Verkauf verbundenen Kosten für Beratung oder Vertragsgestaltung geltend gemacht werden.
Einzelfallanalyse notwendig: Je nachdem, wie die Übergabe strukturiert ist (z. B. mit Übertragung des gesamten Betriebs oder nur des Patientenstocks), kann auch ein Unternehmensverkauf mit Sonderregelungen vorliegen. Hier ist Beratung unerlässlich.
Fazit: Der Patientenstockverkauf ist steuerpflichtig – nicht heilberuflich
So sehr der Patientenstock auch mit Ihrer ärztlichen Tätigkeit zusammenhängt: Seine Veräußerung ist keine medizinische Heilbehandlung und daher nicht von der Umsatzsteuer befreit. Ärzt:innen sollten sich vor einer Praxisübergabe oder -aufgabe steuerlich beraten lassen – insbesondere, wenn einzelne Assets wie Patientenstamm, Domain oder Marke verkauft werden.
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Director I Steuerberaterin
Anna Pasquale ist Steuerberaterin und Director von Simplify Tax Steuerberatung. Sie konzentriert sich darauf, maßgeschneiderte Lösungen für ihre Klienten zu finden. Mit einem klaren Blick für Details und einem proaktiven Ansatz unterstützt sie Unternehmen und Privatpersonen, ihre steuerlichen Herausforderungen effektiv zu meistern.